Wer: Thalias Kompagnons
Woher: Deutschland
Wann: Sonntag, 13.10.2019 / 11:00 Uhr
Wo: Domsaal im Brauhaus
Dauer: 45 Minuten
Ab: 4 Jahre
Schon erstaunlich, wie wenig es braucht, um Bilder entstehen zu lassen, die junge und erwachsene Zuschauer gleichermaßen in Staunen und Entzücken versetzen. Joachim Torbahn, dem „Malermeister“ von Thalias Kompagnons, genügen eine schwarze Tafel, eine Tube und ein Eimer mit weißer Farbe plus ein paar Utensilien wie Pinsel, Spachtel und Wassersprühflasche. Als unerlässliche Werkzeuge ohnehin immer mit dabei sind eine Menge Fantasie und ein ausgeprägter Spieltrieb.
So ausgerüstet, wird der Schauspieler mit der grau gepuderten Struwwel-Frisur und dem vollgeklecksten Malerkittel in der Regie des zweiten Kompagnons Tristan Vogt zum Schöpfer einer vielgestaltigen und an Überraschungen reichen Welt, die sich allein aus dem Gegensatzpaar Schwarz und Weiß formt. Eine kleine Geschichte, in der die beiden Kontrastfarben die Hauptrollen spielen, ergibt den erzählerischen Rahmen für eine originelle Bilderflut.
Als heller Klecks auf dem Dunkel der Tafel hat das „kleine Weiß“ seinen Auftritt — und in der kommenden knappen Stunde ist Torbahn als Maler und Erzähler nicht mehr zu bremsen. In einem einzigen Strich wird aus dem weißen Punkt ein Hase und ein Haus, eine Katze und ein Tannenbaum. Zusehends setzt sich so ein poetisches Landschaftsidyll zusammen — das mit beherzter Action-Painting-Geste im Handstreich zum weißen Chaos verwandelt werden kann.
Solche Tempowechsel, angereichert mit stimmungsverstärkender Musik vom Band, sorgen für Begeisterung unter den kleinen Zuschauern. Die sind wie die Großen gespannt am Rätseln, was wohl als nächstes entsteht, wenn Torbahn mit dem Fensterwischer aus der hellen Farbschicht nach und nach eine Stadt oder einen schwarzen Elefanten freischabt, wenn durch Wischen und Streifen und Spachteln immer neue kurzlebige Bilder entstehen — eine Unterwasserwelt etwa oder eine malerische Gebirgslandschaft, aber auch eine Gruselkrimi-Szenerie samt Monster-Clique.
In Sachen Stimmung setzen die Kompagnons genauso auf Kontraste wie bei den Bildern, die mit Vorder- und Hintergründen, Wegnehmen und Hinzufügen, Spiegelung, Licht und Schatten ein verblüffendes Spiel treiben. So wird gekonnt mit Fantasie die Fantasie angeregt.
Es gibt Puppentheater, Objekttheater, Bildertheater, multimediales Theater, und es gibt THALIAS KOMPAGNONS. Es gibt Theater für die große Bühne, Kammerspielformate und Theater am Küchentisch und THALIAS KOMPAGNONS.
Seit 1990 machen Tristan Vogt – aus einer Musikerfamilie stammender Puppenspieler, Autor und Regisseur - und Joachim Torbahn – in Wien ausgebildeter Maler, Ausstatter, Spieler und Regisseur – gemeinsam Theater. Sie leben und arbeiten in Nürnberg und sind mit ihren Produktionen international auf Gastspielreisen. In über 20 Jahren Theaterarbeit haben sie eine künstlerische Handschrift entwickelt, die unverwechselbar und enorm wandlungsfähig zugleich ist. Im Musiktheater sind sie ebenso zuhause wie in der zeitgenössischen Literatur; ihre Ausdrucksformen reichen vom klassischen Handpuppenspiel über Objekttheater bis hin zur Malperformance.
Wenn man beschreiben sollte, was die Arbeit von Thalias Kompagnons auszeichnet, so fiele einem zunächst eine sehr eigene Verbindung von Werktreue und Zeitgenossenschaft ein. Man könnte auch sagen: Tristan Vogt und Joachim Torbahn versuchen immer, ein Werk für den heutigen Zuschauer zu erschließen, auf seine aktuelle Relevanz hin abzuklopfen, ästhetisch neu zu fassen und zu übersetzen, ohne ihm Lesarten aufzuzwingen oder überzustülpen, die es in seinem Kern beschädigen würden. Respektlos im Umgang mit theatralen Konventionen, mutig in der Mischung von Niederem und Erhabenen, von Volkstheater und Avantgardekunst, sind sie doch stets respektvoll ihrem Stoff gegenüber.